Jahrelang auf Urkunde aufgepasst Kirchen – Relikt aus dem ersten Molzbergbad an den Betzdorfer Geschichtsverein übergeben Kirchener Heimatverein hatte sich einst bei Münzwurf für eine Messingtafel entschieden.
Zwölf Jahre war im Kirchener Heimatmuseum eine Urkunde zu sehen, die den Status einer Dauerleihgabe hatte und fast schon in Vergessenheit geraten war. Das gute Stück fristete auch deshalb ein Mauerblümchendasein, weil es dem Heimatverein nicht gehörte und irgendwie auch nicht richtig zum Umfeld passte. Nunmehr aber erschienen die Nachbarn vom Betzdorfer Geschichtsverein und nahmen die Urkunde mit – sie sind schließlich die rechtmäßigen Eigentümer. Doch der Reihe nach.
Wenn es neben der Sieg ein verbindendes Element zwischen Betzdorf und Kirchen gibt, dann ist es der Molzberg. Die Erhebung nutzen beide Kommunen seit Jahrzehnten für gemeinsame Einrichtungen – obwohl bis auf die Tennisplätze alles auf Kirchener Gebiet liegt. So auch das Molzbergbad. Dennoch: Das Geld fließt von beiden Seiten zur Unterhaltung, und beide Seiten waren auch „in Person“ ihrer Heimatvereine beteiligt, als es 2008 um die Relikte des alten Bades ging. Genauer gesagt um den Inhalt des 1971 gesetzten Grundsteins, eine Erinnerungstafel und die besagte Urkunde.
Nun fehlte aber dem damaligen BGV-Vorsitzenden Ernst-Helmut Zöllner (†) das geeignete Domizil, um die Urkunde ausstellen zu können. Das „Haus der Geschichte“ war noch weit entfernt. Also wurde sie den Kirchenern zur treuen Verwahrung gegeben. Die Aufteilung erfolgte seinerzeit übrigens per Münzwurf: Zöllner hatte gegen Helmut Ermert, Geschäftsführer des Kirchener Heimatvereins, verloren. Da dieser sich für die Messingtafel (die an die Badsanierung von 1989 erinnert) entschieden hatte, blieb dem Betzdorfer der Rest aus der eingemauerten Kupferrolle.
Seit einigen Jahren hat nun auch der BGV sein Domizil an der Bismarckstraße, doch die Urkunde blieb in Kirchen. Und so gestand Vorsitzender Heinz Stock bei der Übergabe auch ein, dass die Erinnerung eher zufällig kam. Beim Durchforsten einer alten Festplatte von Zöllner stieß man auf mehrere tausend Bilder, darunter auch die Aufnahme von SZ-Redakteur Daniel Montanus, der die entscheidende Münze plakativ festgehalten hatte.
Also klingelte Stock seinen Kirchener Kollegen Hubertus Hensel an und fragte höflich nach einem Übergabe-Termin, der am Mittwoch im Beisein von BGV-Geschäftsführer Gerd Bäumer und Dr. Johannes Pfeifer (Heimatverein Kirchen) über die Bühne ging. Hensel wiederum macht da auch ein Geständnis: „Die Urkunde war sicher nicht mein erstes Steckenpferd im Haus. Mir blutet nicht das Herz.“ Denn das Ziel im Museum sei es, dass zu den Ausstellungsstücken auch immer Geschichten erzählt werden. Und irgendwie fehlte Hensel hier der Bezug. In der Tat wäre die Geschichte die, dass in der Zeit des ersten Molzbergbades Kommunalpolitiker aus Kirchen und Betzdorf reihenweise an der Nase herumgeführt wurden.
Wie dem auch sei: Stock und Bäumer nahmen die Urkunde, die kalligrafisch durchaus ansprechend gestaltet ist, mit nach Betzdorf. Sie soll im „Haus der Geschichte“ einen würdigen Platz erhalten. Als kleines „Dankeschön“ für die Aufbewahrung gab es ein Heft „Betzdorfer Geschichten“. Die Messingtafel bleibt natürlich den Kirchenern erhalten.
Dort hatte – wie bei allen anderen Vereinen auch – die Corona-Krise sämtliche Aktivitäten durcheinander gebracht. So fand erst dieser Tage wieder eine Vorstandssitzung statt. Die nächste Jahreshauptversammlung, so berichtete Hensel, sei erst wieder für 2021 geplant: „Im Herbst wird es vermutlich nicht besser sein als jetzt.“ In der Konsequenz fällt auch der Heimattag aus, auch deshalb, weil die meisten Besucher zur Risikogruppe gehören. Gleiches gilt auch für das Museum, dessen Türen vorerst weiter geschlossen bleiben. „Wie will man sich hier aus dem Weg gehen?“, verwies der Vorsitzende auf die schmalen Gänge. Unklar ist derzeit noch, ob Anfang November die Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht durchgeführt werden kann.
Doch ganz eingeschlafen ist das Vereinsleben nicht: Die Arbeit am nächsten Heimatblatt läuft „im stillen Kämmerlein“ weiter. Im Juli soll auch endlich eine neue Tür im Untergeschoss eingesetzt werden, oben wurde der Bereich des früheren Feuerwehrtores wasserdicht gemacht. Auch im Außenbereich sind noch kleinere Arbeiten geplant. Ins Stocken geraten sind derweil – auch wegen Corona – die Bemühungen, die Homepage des Heimatvereins ans 21. Jahrhundert anzupassen.
Hensel nutzte die Gelegenheit, um bei den Betzdorfer Kollegen noch einmal für ein gemeinsames Archivierungsprogramm zu werben. So ließen sich eventuell Kosten sparen. thor
Quelle: SZ 02.07.2020
Die Urkunde aus dem Molzbergbad wechselte jetzt zurück in die Hände ihrer rechtmäßigen Besitzer, im Bild v. l.: Hubertus Hensel, Dr. Johannes Pfeifer, Heinz Stock und Gerd Bäumer. Foto: thor