Kirchener Heimattag – altes Handwerk kennenlernen
Kirchener Heimattag
ALTES HANDWERK KENNENLERNEN: DAS KONNTEN DIE BESUCHER WIEDER BEIM HEIMATTAG. FOTO: RAINER SCHMITT
Diese etwas andere Kombination bietet der Kirchener Heimattag den Besuchern.
Wie es mit der Verlegung in den Juli gelaufen ist. SZ 29. Juli 2023
Von Rainer Schmitt
KIRCHEN. Jedes Handwerk hat sein spezielles Werkzeug. Auch das, mit dem Jörg Braach am Sonntag in einem gewissen Rhythmus im Einsatz war. Der Holzgriff ist leicht gebogen. Der einzelne Hammer wiegt zwischen etwa 200 und 3000 Gramm. Und wer wollte, der durfte selbst einmal dem blanken Flachmetall, in diesem Fall Aluminium, die markanten Riefen und Zähne verpassen.
Braach bringt den Besuchern das alte Handwerk näher, so wie jetzt beim Kirchener Heimattag. Ein Hammer stammt aus den 1730er-Jahren, berichtet Braach und zeigt den Griff. Dieser ist vom Halten schon abgenutzt. In Zeiten der digitalisierten Fertigung finde man die Feile nicht mehr so häufig, aber, so stellt der Hobbyhandwerker fest, die Feile sei ein sehr wichtiges Werkzeug. Wie lange benötigt er, um einer Raspel – diese bearbeitet Holz – die typischen Zähne zu verpassen? Jeder Zahn ist ein Hieb mit dem Hammer, erklärt er, und schätzt, dass zwischen drei bis fünf Stunden erforderlich sind, um eine einzige Seite zu bearbeiten.
Im Gegensatz zu einer maschinell gefertigten Raspel sind die von ihm geschlagenen Zähne versetzt, so dass es beim Bearbeiten des Holzes keine Riefen gibt. Und wie kam er zum Heimattag? Er und Hubertus Hensel, Vorsitzender des Heimatvereins, hatten sich bei einer Gästeführerausbildung des Landkreises Altenkirchen kennengelernt. Und so sahen die Besucher nun das besondere Handwerk. Braach saß unter dem Lokschuppen, gleich neben dem Stadtorchester Kirchen. Das unterhielt von Günter Köhler dirigiert. Eines der Tenorhörner bediente Johannes Schmidt. Auch er schwang später noch den Hammer – und zwar den des Schmiedes. Mit seinem Musikerkollegen Frank Eggerts, der für den Zuschlag zuständig war, formte Schmied Schmidt aus dem glühenden Eisen Nägel. Im Heimatmuseum verarbeitete außerdem Marianne Dreisbach am Spinnrad Wolle zu einem Faden.
Wie im Vorfeld berichtet, veranstaltete der Verein den Heimattag zum ersten Mal im Juli, weil es am gewohnten Termin im September oft nass war. Am Sonntagmorgen hatte es noch geregnet, und zur Mittagszeit schoben sich bleigraue Wolken über Kirchen hinweg, und Hensel meinte: „Da haben wir es jahrelang knallheiß im Juli, und wenn wir den Heimattag in den Juli legen, dann regnet es.“
Er und seine Mitstreiter hofften, dass es den Tag über trocken bleiben würde. Vorgesorgt mit Pavillon und Zelten hatten die Aktiven beim Aufbau am Donnerstag und Freitag. Im vergangenen Jahr hatte man nur samstags den Heimattag gefeiert. „Wir haben jetzt schon mehr Leute zu Gast wie im Vorjahr tagsüber“, sagte Hensel. Wenn es so bleibe und nicht regne, dann sei er zufrieden. Er denke, dass man auf dem neuen Termin bleibt. Er dankte auch den Ortsvereinen, die etwa bei der Bewirtung halfen.
Den Auftakt hatte, bei gutem Konzertwetter, am Samstagabend die „Brucher Blues Band“ gemacht. Die Band ist beim Heimattag keine unbekannte. Und wieder hatte der Heimatverein mit den Musikern einen guten Griff getan. Rund 130 Besucher waren zum Konzert gekommen und genossen die schöne, handgemachte Blues- und Rockmusik mit Eddie Vierbuchen und seinen Bandkollegen. Feuertonnen sorgten für Atmosphäre. Die Band kam ganz bodenständig und erdig mit ihren leidenschaftlich gespielten Liedern rüber, ob nun eigene Stücke wie „Frühschoppen“ oder Coversongs von Marius Müller-Westernhagen und Joe Cocker.
Und was ist 2024? Dann wird der Heimatverein 40 Jahre alt, so Hensel. Und, so ließ der Vorsitzende anklingen, man möchte möglichst viele Handwerker beim Heimattag präsentieren. Die Planungen laufen bereits. Was man bis dahin auch realisiert haben möchte, das ist eine Überdachung vor dem Kellereingang zum Heimatmuseum, damit dort Küche und Spüle konzentriert und trocken einen Platz finden. „Das wäre eine große Erleichterung“, sagte Hensel.
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.