„Vom Beat zum Progressivrock“ Ralf Panthel sammelt LPs

Ralf Panthel & Dr. Johannes Pfeifer

 

Rai KIRCHEN. Weihnachten 1965 durfte der damals 13-jährige Ralf Panthel sich vier Singles kaufen. Zwei von The Beatles, von the Byrds „Turn! Turn! Turn!“ und von The Rolling Stones „Get Off Of My Cloud“ wählte er aus. Die Sammlung wuchs über viele Jahre. Längst füllt das Vinyl ein ganzes Zimmer. Mehr als 4000 Platten besitzt der heute 71-Jährige. Er weiß, wie lange es dauert, sich einmal durch das Alphabet zuhören: „2015 habe ich begonnen, 2022 war ich durch.“ Nun hört er sich erneut durch alle Scheiben.

Einen Einblick in sein Hobby und die Musik, die es ihm angetan hat, gab er bei einer Sonderausstellung im Heimatmuseum Kirchen, unter dem Titel „Vom Beat zum Progressivrock“. Der stellvertretende Vorsitzende Dr. Johannes Pfeifer führte mit Anekdoten aus den 1960er-Jahren, der eigenen Jugend, als Weichenstellung für das Leben ein. Er erinnerte sich, wie er 1964 im Krankenhaus Kirchen lag, und der Mitpatient auf dem Tonbandgerät „Pretty Woman“ von Roy Orbison und „Do Wah Diddy Diddy“ von Manfred Mann abspielte: „Damit war ich auch geimpft.“

Als Jugendlicher habe man auf dem Piratensender Radio Caroline das Neueste gehörte. Die Entwicklung vom Beat zum Progressivrock widmete sich Panthel, und er erzählte, wie er an seine mehr als 4000 Schallplatten kam. Auch davon, wie sich das Aussehen der Covers wandelte, zum Beispiel vom Bandfoto hin zu künstlerischen Covers des Psychedelicrock. Panthel erinnerte sich, wie er als Schüler leere Flaschen sammelte und sich vom Pfand Singles kaufte. Ab 1968 sammelte er Langspielplatten, vom ersten Geld eines Ferienjobs. In den 1970er-Jahren vergrößerte sich seine Sammlung, die er versuchte auf dem neuesten Stand zu halten, aber: „Die 1960er-Jahre habe ich nie aus den Ohren verloren.“

Den größten Schritt machte er in der Zeit, als die meisten auf CD umstiegen. Panthel blieb dem schwarzen Vinyl treu. Er erwarb die Schallplatten, die die anderen nicht mehr haben wollen. Die Hälfte wanderte in seine Sammlung, den Rest veräußerte er: „So habe ich mich schadlos gehalten.“ Mitte der 1980er-Jahre resümierte er für sich, dass die Musik der 1960er-Jahre, die Zeit seiner Jugend, ihm doch sehr am Herzen liegt. So konzentrierte er sich vor allem auf diese Zeit der Musik. „Ich habe nirgendwo einen Kratzer drauf“, sagt Panthel. Einmal habe er sich eine Scheibe dreimal neu gekauft, weil die ersten beiden einen Kratzer hatten.

Natürlich achtet er auch darauf, dass das Cover in tiptop und ein Original ist. Er denke, dass er alles so zusammen hat, wie er sich wünscht und keinen Wunsch mehr offen hat, antwortete Panthel: „Ich fühle mich komplett, und jetzt höre ich, was ich im Laufe der Jahre gesammelt habe.“

Beim Durchhören seiner Sammlung kann es allerdings auch sein, dass er hier und da vielleicht noch mal eine Platte aussondert, weil er doch noch ein Knacksen vernimmt. Diese besorgt er sich wieder, wenn es möglich ist – aber: „Die Platten aus den 1960er-Jahre sind absolut tabu.“ Er habe beispielsweise einmal zehn Platten verkauft, um dafür eine für ihn besondere Platte zu erwerben. Für 90 Euro. 50 Jahre habe er an dieser Rarität gesucht, nämlich der einzigen Platte der Berliner Band Rainbows. Und die Scheibe pflegte er unter dem Buchstaben R ein. Er sei froh, dass er das Hobby noch habe, sagt Panthel, der sich selbst als Vielhörer bezeichnet.

Morgens bei einer Tasse Kaffee und einem Brötchen im Wohnzimmer zwei Langspielplatten hören, so starte er in den Tag, berichtet der 71-Jährige, der seit acht Jahren Pensionär ist. Er hat auch eine Musikbox zu Hause. Wenn er ein zwei D-Mark-Stück einwirft, ist das zu hören, was fünf Singles einst in die Rille gepresst bekamen. Die Besucher waren begeistert, und es wurde noch viel gesprochen an den ausgestellten Plattencovers. Es sind auch Tonbandgerät und Plattenspieler aus der alten Zeit ausgestellt. Mindestens bis Ende Juli ist das alles im Heimatmuseum zu sehen, und am Sonntag, 4. Juni, wird Panthel um 15 Uhr noch einmal bei einem weiteren Vortrag noch mehr rund um die Musik von Beat bis Progressivrock erzählen.

Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,

Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.