Fotogalerie der Kirchener Heimattage
Samstag,29.07.23 - Kirchener Heimattag Fotografin Inna Provatorova
Brucher Blues Band
Brucher Blues Band
ALTES HANDWERK KENNENLERNEN: DAS KONNTEN DIE BESUCHER WIEDER BEIM HEIMATTAG. FOTO: RAINER SCHMITT
Diese etwas andere Kombination bietet der Kirchener Heimattag den Besuchern.
Wie es mit der Verlegung in den Juli gelaufen ist. SZ 29. Juli 2023
Von Rainer Schmitt
KIRCHEN. Jedes Handwerk hat sein spezielles Werkzeug. Auch das, mit dem Jörg Braach am Sonntag in einem gewissen Rhythmus im Einsatz war. Der Holzgriff ist leicht gebogen. Der einzelne Hammer wiegt zwischen etwa 200 und 3000 Gramm. Und wer wollte, der durfte selbst einmal dem blanken Flachmetall, in diesem Fall Aluminium, die markanten Riefen und Zähne verpassen.
Braach bringt den Besuchern das alte Handwerk näher, so wie jetzt beim Kirchener Heimattag. Ein Hammer stammt aus den 1730er-Jahren, berichtet Braach und zeigt den Griff. Dieser ist vom Halten schon abgenutzt. In Zeiten der digitalisierten Fertigung finde man die Feile nicht mehr so häufig, aber, so stellt der Hobbyhandwerker fest, die Feile sei ein sehr wichtiges Werkzeug. Wie lange benötigt er, um einer Raspel – diese bearbeitet Holz – die typischen Zähne zu verpassen? Jeder Zahn ist ein Hieb mit dem Hammer, erklärt er, und schätzt, dass zwischen drei bis fünf Stunden erforderlich sind, um eine einzige Seite zu bearbeiten.
Im Gegensatz zu einer maschinell gefertigten Raspel sind die von ihm geschlagenen Zähne versetzt, so dass es beim Bearbeiten des Holzes keine Riefen gibt. Und wie kam er zum Heimattag? Er und Hubertus Hensel, Vorsitzender des Heimatvereins, hatten sich bei einer Gästeführerausbildung des Landkreises Altenkirchen kennengelernt. Und so sahen die Besucher nun das besondere Handwerk. Braach saß unter dem Lokschuppen, gleich neben dem Stadtorchester Kirchen. Das unterhielt von Günter Köhler dirigiert. Eines der Tenorhörner bediente Johannes Schmidt. Auch er schwang später noch den Hammer – und zwar den des Schmiedes. Mit seinem Musikerkollegen Frank Eggerts, der für den Zuschlag zuständig war, formte Schmied Schmidt aus dem glühenden Eisen Nägel. Im Heimatmuseum verarbeitete außerdem Marianne Dreisbach am Spinnrad Wolle zu einem Faden.
Wie im Vorfeld berichtet, veranstaltete der Verein den Heimattag zum ersten Mal im Juli, weil es am gewohnten Termin im September oft nass war. Am Sonntagmorgen hatte es noch geregnet, und zur Mittagszeit schoben sich bleigraue Wolken über Kirchen hinweg, und Hensel meinte: „Da haben wir es jahrelang knallheiß im Juli, und wenn wir den Heimattag in den Juli legen, dann regnet es.“
Er und seine Mitstreiter hofften, dass es den Tag über trocken bleiben würde. Vorgesorgt mit Pavillon und Zelten hatten die Aktiven beim Aufbau am Donnerstag und Freitag. Im vergangenen Jahr hatte man nur samstags den Heimattag gefeiert. „Wir haben jetzt schon mehr Leute zu Gast wie im Vorjahr tagsüber“, sagte Hensel. Wenn es so bleibe und nicht regne, dann sei er zufrieden. Er denke, dass man auf dem neuen Termin bleibt. Er dankte auch den Ortsvereinen, die etwa bei der Bewirtung halfen.
Den Auftakt hatte, bei gutem Konzertwetter, am Samstagabend die „Brucher Blues Band“ gemacht. Die Band ist beim Heimattag keine unbekannte. Und wieder hatte der Heimatverein mit den Musikern einen guten Griff getan. Rund 130 Besucher waren zum Konzert gekommen und genossen die schöne, handgemachte Blues- und Rockmusik mit Eddie Vierbuchen und seinen Bandkollegen. Feuertonnen sorgten für Atmosphäre. Die Band kam ganz bodenständig und erdig mit ihren leidenschaftlich gespielten Liedern rüber, ob nun eigene Stücke wie „Frühschoppen“ oder Coversongs von Marius Müller-Westernhagen und Joe Cocker.
Und was ist 2024? Dann wird der Heimatverein 40 Jahre alt, so Hensel. Und, so ließ der Vorsitzende anklingen, man möchte möglichst viele Handwerker beim Heimattag präsentieren. Die Planungen laufen bereits. Was man bis dahin auch realisiert haben möchte, das ist eine Überdachung vor dem Kellereingang zum Heimatmuseum, damit dort Küche und Spüle konzentriert und trocken einen Platz finden. „Das wäre eine große Erleichterung“, sagte Hensel.
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
Kirchener Heimatverein pflegt die letzte Ruhestätten der Fabrikantenfamilie Jung.
Rhein-Zeitung vom 15.07.2023
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
Rai KIRCHEN. Weihnachten 1965 durfte der damals 13-jährige Ralf Panthel sich vier Singles kaufen. Zwei von The Beatles, von the Byrds „Turn! Turn! Turn!“ und von The Rolling Stones „Get Off Of My Cloud“ wählte er aus. Die Sammlung wuchs über viele Jahre. Längst füllt das Vinyl ein ganzes Zimmer. Mehr als 4000 Platten besitzt der heute 71-Jährige. Er weiß, wie lange es dauert, sich einmal durch das Alphabet zuhören: „2015 habe ich begonnen, 2022 war ich durch.“ Nun hört er sich erneut durch alle Scheiben.
Einen Einblick in sein Hobby und die Musik, die es ihm angetan hat, gab er bei einer Sonderausstellung im Heimatmuseum Kirchen, unter dem Titel „Vom Beat zum Progressivrock“. Der stellvertretende Vorsitzende Dr. Johannes Pfeifer führte mit Anekdoten aus den 1960er-Jahren, der eigenen Jugend, als Weichenstellung für das Leben ein. Er erinnerte sich, wie er 1964 im Krankenhaus Kirchen lag, und der Mitpatient auf dem Tonbandgerät „Pretty Woman“ von Roy Orbison und „Do Wah Diddy Diddy“ von Manfred Mann abspielte: „Damit war ich auch geimpft.“
Als Jugendlicher habe man auf dem Piratensender Radio Caroline das Neueste gehörte. Die Entwicklung vom Beat zum Progressivrock widmete sich Panthel, und er erzählte, wie er an seine mehr als 4000 Schallplatten kam. Auch davon, wie sich das Aussehen der Covers wandelte, zum Beispiel vom Bandfoto hin zu künstlerischen Covers des Psychedelicrock. Panthel erinnerte sich, wie er als Schüler leere Flaschen sammelte und sich vom Pfand Singles kaufte. Ab 1968 sammelte er Langspielplatten, vom ersten Geld eines Ferienjobs. In den 1970er-Jahren vergrößerte sich seine Sammlung, die er versuchte auf dem neuesten Stand zu halten, aber: „Die 1960er-Jahre habe ich nie aus den Ohren verloren.“
Den größten Schritt machte er in der Zeit, als die meisten auf CD umstiegen. Panthel blieb dem schwarzen Vinyl treu. Er erwarb die Schallplatten, die die anderen nicht mehr haben wollen. Die Hälfte wanderte in seine Sammlung, den Rest veräußerte er: „So habe ich mich schadlos gehalten.“ Mitte der 1980er-Jahre resümierte er für sich, dass die Musik der 1960er-Jahre, die Zeit seiner Jugend, ihm doch sehr am Herzen liegt. So konzentrierte er sich vor allem auf diese Zeit der Musik. „Ich habe nirgendwo einen Kratzer drauf“, sagt Panthel. Einmal habe er sich eine Scheibe dreimal neu gekauft, weil die ersten beiden einen Kratzer hatten.
Natürlich achtet er auch darauf, dass das Cover in tiptop und ein Original ist. Er denke, dass er alles so zusammen hat, wie er sich wünscht und keinen Wunsch mehr offen hat, antwortete Panthel: „Ich fühle mich komplett, und jetzt höre ich, was ich im Laufe der Jahre gesammelt habe.“
Beim Durchhören seiner Sammlung kann es allerdings auch sein, dass er hier und da vielleicht noch mal eine Platte aussondert, weil er doch noch ein Knacksen vernimmt. Diese besorgt er sich wieder, wenn es möglich ist – aber: „Die Platten aus den 1960er-Jahre sind absolut tabu.“ Er habe beispielsweise einmal zehn Platten verkauft, um dafür eine für ihn besondere Platte zu erwerben. Für 90 Euro. 50 Jahre habe er an dieser Rarität gesucht, nämlich der einzigen Platte der Berliner Band Rainbows. Und die Scheibe pflegte er unter dem Buchstaben R ein. Er sei froh, dass er das Hobby noch habe, sagt Panthel, der sich selbst als Vielhörer bezeichnet.
Morgens bei einer Tasse Kaffee und einem Brötchen im Wohnzimmer zwei Langspielplatten hören, so starte er in den Tag, berichtet der 71-Jährige, der seit acht Jahren Pensionär ist. Er hat auch eine Musikbox zu Hause. Wenn er ein zwei D-Mark-Stück einwirft, ist das zu hören, was fünf Singles einst in die Rille gepresst bekamen. Die Besucher waren begeistert, und es wurde noch viel gesprochen an den ausgestellten Plattencovers. Es sind auch Tonbandgerät und Plattenspieler aus der alten Zeit ausgestellt. Mindestens bis Ende Juli ist das alles im Heimatmuseum zu sehen, und am Sonntag, 4. Juni, wird Panthel um 15 Uhr noch einmal bei einem weiteren Vortrag noch mehr rund um die Musik von Beat bis Progressivrock erzählen.
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
von links: Dr. Johannes Pfeifer, Ralf Panthel & Hubertus Hensel
„Vom Beat zum Progressiv Rock“ – Die Musikszene der 60er Jahre
Manche sammeln Schreibmaschinen, manche Briefmarken, Biergläser oder Matchbox-Autos, Ralf Panthel sammelt LPs. Er konnte sich in der Phase des Wechsels von der Vinylscheibe auf die silberne Musikdisc Anfang der 80er nie so recht mit dem neuen Medium anfreunden, und so sammelte er weiter Langspielplatten, als andere ihre Sammlungen auflösten. „Es war schon eine verrückte Zeit damals. Irgendwie kam ich mehr durch Zufall an eine LP-Sammlung, die ein Bekannter loswerden wollte, und damit fing dann alles an“, erzählt Ralf Panthel den Heimatfreunden vom Kirchener Heimatverein. Er habe dann die Scheiben behalten, die ihm gefallen hätten, und die anderen über ebay oder auf entsprechenden Schallplattenbörsen verkauft. Mit dem Geld habe er dann die nächste Sammlung gekauft und so sei seine Sammlung stets angewachsen auf inzwischen rund 4000 Exemplare.
Da die Heimatfreunde für den Herbst eine Ausstellung zur Kirchener Diskothek planen, lag also ein musikalisches Thema als „warm-up“ sozusagen nahe und mit Ralf Panthel hatte man zweifellos den richtigen Ansprechpartner gefunden. Schnell schwelgten Hubertus Hensel, Dr. Johannes Pfeifer und Ralf Panthel in Erinnerungen, diskutierten die musikalischen Stile der 60er und 70er Jahre und so war auch schnell ein Thema für die Ausstellung gefunden: „Vom Beat zum Progressiv Rock“ – Die Musikszene der 60er Jahre.
Die Ausstellung wird am 7. Mai, 15 Uhr, im Rahmen einer kleinen Vernissage im Museum in Kirchen eröffnet, dazu sind alle musikinteressierten und diejenigen, die es mal waren oder noch werden wollen, herzlich eingeladen. Wer Lust hat, die Musik früherer Tage noch einmal mit Seelenverwandten und gleichfalls begeisterten Musikgenießern jener Jahre in die Gefühlswelt dieser Zeit abzutauchen und mit Gleichgesinnten zu diskutieren und zu schwärmen, der sollte sich den Termin unbedingt vormerken.
Vernissage: Sonntag, den 7. Mai 2023 um 15 Uhr im Museum
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
DR. JOHANNES PFEIFER (L.) UND HUBERTUS HENSEL PRÄSENTIEREN DIE VORLAGE FÜR DIE VILLA OTTO STEIN AN DER HAUPTSTRASSE.
20 DRUCKVORLAGEN FÜR DIE BESCHILDERUNG DES HISTORISCHEN WEGES SIND BEREITS FERTIG.
AM ENDE WERDEN ES WOHL RUND 40 SCHILDER SEIN: FOTO: RA
Rai Kirchen. Der Heimatverein Kirchen hat sich für das noch junge Jahr 2023 viel vorgenommen. Das wurde bei der Jahreshauptversammlung am Freitagabend deutlich. Nun, nachdem die Corona-Pandemie endgültig vorüber zu sein scheint, geht es wieder richtig los. Viele Aktivitäten bedeuten viel Aufwand – und dass viele Helfer gesucht sind. Das Vorjahr sei noch ein ruhiges gewesen, sagte der Vorsitzende Hubertus Hensel – und dankte allen, die in der schwierigen Zeit der Pandemie wirkten.
Doch was steht konkret an? Da ist vor allem der Heimattag rund ums Museum. Aus Erfahrung weiß man, dass es am üblichen Termin im September kräftig regnen kann. Nun will man es am 29./30. Juli probieren. Am 9. November soll es wieder eine „Veranstaltung wider das Vergessen, Verdrängen oder Verfälschen“ im Heimatmuseum geben. Hensel: „Gerade in einer Phase unserer Geschichte, in der es bei vielen Menschen modern geworden ist, die Wirklichkeit umzudeuten oder zu verleugnen, scheint uns diese Veranstaltung durchaus wichtig zu sein, um Impulse zu setzen bei denen, die unsicher werden.“
Darüber hinaus sind zwei Sonderausstellungen geplant. Der Kirchener Ralf Panthel bereitet eine Schau zum Thema „Vom Beat zum Progressivrock. Die Musikszene der 1960er-Jahre“ vor – mit Tonträgern und Plakaten aus jener Zeit. Im Herbst wird der früheren Kirchener Discothek eine Ausstellung gewidmet: Zuerst war es das „Le Château Noir“, dann wurde es das „Crazy Horse“. Der stellv. Vorsitzende Dr. Johannes Pfeifer erstellt die Präsentation. Wer Fotos, Dokumente oder Geschichten beisteuern kann, kann sich an Pfeifer wenden. Eine wichtige Arbeit, die ein fortlaufender Prozess ist, ist das Archivieren. Das können Unterlagen und Akten sein – oder vielleicht eine alte Fahne. Aus den Frühzeiten des Gesangsvereins „Liederkranz“ Offhausen hat die Chorgruppe Druidenstein dem Heimatverein Akten und Fahne überlassen. Dass alles sachgerecht eingelagert und beisammen sei, das könne von Vorteil sein, wenn eine Chronik erstellt werden soll, so Hensel. Weil das Archivieren mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden ist, sind auch hier Helfer gesucht. Das gilt auch für das Heimatblatt: Neue Autoren sind jederzeit willkommen.
Weiterhin wird an der Entwicklung des historischen Weges gearbeitet. Inzwischen sind bereits 20 Druckvorlagen für Schilder fertig. Vergleicht man die Berichte der vergangenen zehn Jahre, dann stelle man fest, dass der Heimatverein einen gewissen Zyklus an Aktivitäten habe, sagte der Vereinschef. Darüber hinaus gebe es immer wieder neue Ideen, die man angehen könnte – aber: „Dazu fehlt uns leider das Personal.“
Außerdem ehrte der Heimatverein im Rahmen der Versammlung diverse Mitglieder dafür, dass sie, seit 25 Jahre an Bord sind: Manfred Link, Hannelore Gruber Volker Fischer, Eberhard Blecker, Raimund Ermert, Wolfgang Herrmann jun., Reinhard Schüller, Karl-Hermann Stühn, Hans Imhäuser, Rudolf Otterbach und Marianne Retterath.
Es gibt immer wieder neue Ideen, die man angehen könnte. Aber dazu fehlt uns leider das Personal.
Hubertus Hensel
Vorsitzender
SZ 20. März 2023
PRÄSENTIEREN DAS NEUE HEIMATBLATT
KARL-HERMANN STÜHN, KLAUS PRUSS, HUBERTUS HENSEL UND DR. JOHANNES PFEIFER. FOTO: GABY WERTEBACH
39. Auflage bietet wieder eine Fülle unterhaltsamer Artikel aus alter und neuer Zeit.
Gum KIRCHEN. Stets zum Jahresende hin präsentiert der Heimatverein Kirchen zuverlässig eine neue Ausgabe seines beliebten „Heimatblatts“. Die mittlerweile 39. Auflage wird von vielen Mitgliedern des Heimatvereins bereits sehnsüchtig erwartet und bietet auf 31, teils bunt bebilderten Seiten wieder eine Fülle unterhaltsamer Artikel aus alter und neuer Zeit. Nicht nur die Geschichten selbst sind spannend, sondern oft auch die Ursachen, die zu ihrer Erzählung geführt haben.
Rund 350 Mitglieder hat der Heimatverein, der größte Teil davon hat entweder bei der Firma Jung oder in der Friedrichshütte gearbeitet, erzählt der Vorsitzende Hubertus Hensel. Er und seine Mitstreiter hoffen sehr, auch jüngere Mitbürger für eine Mitgliedschaft gewinnen zu können, weshalb sie unter dem Motto „Mitglieder werben Mitglieder“ für die Vermittlung von mindestens drei neuen Mitgliedern sogar mit einem Gutschein der lokalen Gastronomie im Wert von mindestens 20 Euro locken. „Wir haben so viele Ideen, was wir machen könnten, aber leider nicht genügend Personal, um die auch umsetzen zu können“, so Hensel. Der Gedanke zu der Aktion sei ihm beim Schreiben des Artikels über die „Fahrenden Gesellen“ gekommen: Die vergaben in den 1920er Jahren für das Vermitteln neuer Mitglieder ein kleines Präsent.
Die passende Überschrift „Hurra wir leben noch“ hat Gerhard Schmidt für den zweiten Teil seines Berichts über das 125-jährige Bestehen des Männergesangvereins „Liederkranz“ gefunden. Im Jahre 2000, beim Meisterchorsingen in Heiligenroth, waren es noch 70 aktive „Liederkranz“-Sänger, mittlerweile sind es nur noch 25. Den mittlerweile fünften – und damit auch letzten – Teil über den Wandersportverein „Fahrende Gesellen“ hat wiederum Hubertus Hensel verfasst. Eberhard Jung aus Alsdorf gibt in seinem Bericht eine interessante Darstellung über die Wiege des Triathlon. Dass die im Westerwald stand, dürfte kaum jemanden bekannt sein, ganz sicher auch nicht, dass die Disziplin Schwimmen in der Sieg stattfand. Die dazugehörigen Fotos von den Sportlern der Siegstaffel Betzdorf und des TV Kirchen werden Aufmerksamkeit finden.
Der Anruf des Lehrers Michael
Wertebach über die Bereitschaft,
die Lok zu restaurieren, kam mir
vor wie ein Sechser im Lotto.
Hubertus Hensel Vorsitzender Heimatverein Kirchen
Vereinsmitglied Gerhard Henrichs, leidenschaftlicher Fan der Firma Jung und der Geschichte der Eisenbahn, hat lange in Saudi-Arabien gelebt und dort die Telekommunikationsstrategie mit aufgebaut. „Unser Leben in der Diaspora“, die Geschichte von Arnold Jung und der Hedschasbahn (Teil 1) sowie die dazugehörigen Fotos werden die Leser faszinieren. Die Senioren des Vereins, der 93-jährige Ulrich Hebel und der 89-jährige Otto Wellnitz, haben gemeinsam eine Fundgrube zur Kirchener Heimatgeschichte aufgetan: das Protokollbuch 2 des Kirchener Kriegervereins für die Zeit von 1900 bis 1936.
Dem Verein, der im gesellschaftlichen Leben der Gemeinde eine herausragende und dominierende Rolle spielte, gehörten viele der einflussreichen und angesehenen Bürger des Ortes an. Wie Schüler und ihr Pädagoge um den Erhalt eines Denkmals sorgen, das zeigt sich auf Seite 17. Der Leistungskurs 11 Geschichte der IGS Betzdorf-Kirchen renovierte das Kirchener Lok-Denkmal auf einem Schienenstrang direkt vor dem Lidl-Parkplatz gemeinsam mit der Firma Rüdiger Brauer, die die erforderlichen Materialien bereit- und auch einige ihrer Mitarbeiter abstellte. „Der Anruf des Lehrers Michael Wertebach über die Bereitschaft, die Lok zu restaurieren, kam mir vor wie ein Sechser im Lotto“, so Vereinsvorsitzender Hensel.
Die Zeit des Nationalsozialismus wird ebenfalls in sachlicher Art und Weise im Heimatblatt aufgearbeitet. Manfred Ermerts Artikel über „Die Freusburg als Wehrertüchtigungslager“ wirft interessante Aspekte auf, die vielen sicher bisher nicht bekannt waren.
Ob die Geschichte des „Kirchener Jong“, Otto G. Moses, das bewegte Leben der Hilde Krall oder die Erinnerungen von Vorstandsmitglied Dr. Johannes Pfeifer an den AGGI-Club in Kirchen, der fast „Maggi-Club“ geheißen hätte: Das Heimatblatt ist wieder einmal lesens- und sehenswert. Vielleicht kann ja auch der eine oder andere behilflich sein und erkennt Personen in der Rubrik „Wer kennt wen?“.
Wer nicht Mitglied des Vereins ist, kann das Blatt bei folgenden Verkaufsstellen bekommen: in Kirchen in der Buchhandlung Decku, im Blumenhaus Schüller, in der Gertruden- und der Druidenapotheke, bei „Tabak & Co“ im Kaufland sowie bei der Kreissparkasse. In Wehbach ist das Heimatblatt im Frisörsalon Lydia Selbach und in Betzdorf in der Buchhandlung Mankelmuth zu erwerben.
(Siegener Zeitung vom 19. Dezember 2022)
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
Noch rechtzeitig zum Jahresabschluss hat der Heimatverein sein neues Heimatblatt vorgestellt.
Wie immer erfahren die Leser darin in vielfältiger Art und Weise Geschichten und Geschichte über den hiesigen Raum und seine Kultur, seine Menschen. Dabei konzentrierten sich die Schreiber der unterhaltsamen Texte diesmal nicht nur auf die Geschichte vor dem Zweiten Weltkrieg, sondern nahmen auch die Zeit der 60er ins Visier und hier wird sicher jeder Leser einen Teil seiner Jugend widergespiegelt finden. Das neue Blatt dokumentiert aber auch wie gewohnt einen speziellen Teil der Geschichte der Fa. Jung-Jungenthal und beleuchtet die Vereinskultur in Kirchen mit den Berichten über die Fahrenden Gesellen oder etwa den Liederkranz. Auch die Nazi-Zeit wird in zwei Beiträgen, einmal über die Freusburg und einmal über die Familie Moses aus der Sandstraße, genauer beleuchtet. Auf jeden Fall ist auch das neue Heft wieder äußerst abwechslungsreich und interessant.
Heft Nr. 39 – Jahrgang 2023
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens 2020
Lok-Denkmal
Kirchen. (Teil 1)
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
Als es um den Ort des Jahresabschlusses ging war für die Freunde der europäischen Kultur schnell klar, dass dies nur im Heimatmuseum stattfinden könne, hatte man doch schon des Öfteren versucht, eine Führung zu arrangieren, doch leider war dies immer wieder Corona zum Opfer gefallen. Doch als die Vorsitzende des Vereins, Amelia Vollmer, diesmal anrief, ergab sich endlich die Gelegenheit und gerne führten der Vorsitzende des Kirchener Heimatvereins Hubertus Hensel und Dr. Johannes Pfeifer die Gäste durchs Museum.
„Die `Freunde europäischer Kultur‘ helfen uns immer am Heimattag“, so Hensel, „und da ist es uns doch eine besondere Freude, den vielen Interessierten des Vereins die Geschichte unserer Region im Rahmen einer speziellen Führung näher zu bringen“. Die Gäste waren mit 20 Erwachsenen und einigen Kindern ins Museum gekommen und so wurde es mitunter richtig eng beim Gang durch das Museum. Natürlich schaute man sich auch die aktuelle Ausstellung von Sigrid Pieroth an und den Abschluss bildete dann ein Rundgang in der Museumsscheune. Dort öffnete sich plötzlich mit einem knarrenden Geräusch erneut die Scheunentüre und zur Überraschung aller trat der Nikolaus höchstpersönlich ein und beschenkte die Anwesenden mit kleinen Geschenken, jedoch nicht, ohne vorher noch ein Lied einzufordern, dem die fröhliche Runde aber gerne nachkam.
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.
SZ 24. November 2022
Rai n „Es hat mich fasziniert, wie der Farbpinsel über die Leinwand geglitten ist“, sagt Sigrid Pieroth und erinnert sich an eine Begebenheit, die viele Jahre zurückliegt und die für sie ein zündender Moment wurde: Pieroth schaute ihrer Tochter Eva-Katharina Pieroth zu, die mit dem Pinsel Ölfarbe auf die Leinwand brachte. Für eine Arbeit im Studium „Intermedia Design“. Die Mutter entdeckte für sich das Gestalten mit Farben, am liebsten Acryl, sowie Materialien wie Kohle, Spachtelmasse, Papier, Marmormehl und sogar Blättern der Pfeifenwinde. Nun stellt die Künstlerin im Heimatmuseum aus – auch Werke mit einem Bezug zu ihrer Heimat Kirchen.
Druidenstein, Ottoturm und Freusburger Mühle sind Motive, die Pieroth auf die Leinwand bringt. Zudem hat sie weitere Motive gefunden – z. B. in Vancouver. Mal ist es eine abstrakte Gestaltung, mal etwas realistischer. In ihrem Atelier entstehen vor allem Collagen. „Ich male nicht, ich gestalte Bilder.“ Das Handwerkszeug lernte sie von Ines Kollar aus Hamburg-Pinneberg. Im Laufe von gut zehn Jahren arbeitete Pieroth ihren Stil heraus.
Am Anfang steht ein Foto. So entdeckte sie im kahlgeschlagenen Umfeld am Ottoturm einen einsamen Baum. Sie fotografierte das Relikt, das sie mit dem Titel „Winter im Käferwald“ auf Leinwand verewigte. „Eine Bild wächst“, erklärt Pieroth an einer Collage mit Ottoturm, Druidenstein, Heimatmuseum und Landkarte. Fotomotive kommen zuerst auf den Untergrund. Mal ist es ein klassisches Foto, mal eine Transfertechnik. Das Motiv wird dafür spiegelbildlich auf ein Trägerpapier gebracht und kommt so auf die Leinwand. „Mit einem Schwamm wird das Papier später abgerubbelt, das Motiv bleibt erhalten.“ Danach kommt das, was sie mit „ich gestalte Bilder“ meint.
Auf einer Collage hat sie z. B. den Fuß des als Foto aufgebrachten Druidensteins mit Spachtelmasse plastisch herausgearbeitet. Nun stehen das Naturdenkmal und der Ottoturm weit auseinander. Pieroth versteht es, die einzelnen Elemente in fließenden Übergängen zu vereinen – und erzeugt eine gewisse Tiefe. Sie gestaltet auch mit Farbschichten. So auch bei einer Impression eines Segelschiffhafens. Die Segel in der Seitenansicht hat sie mit Stoff und Pappe dargestellt.
Und die Bugperspektive? Für die schmale Silhouette der Segel hat sie unterschiedliche Farbschichten aufgetragen. In einer sanften Wellenbewegung hat sie den Spachtel von unten nach oben durch die noch feuchten Schichten gezogen. Unverkennbar: Das sind bunte Segel. Die Bilder erzählen auf ihre Art eine Geschichte und warten nur darauf gelesen zu werden. Ein flüchtiger Blick reicht nicht aus, erst ein zweiter oder dritter Blick öffnet Perspektiven. Bei der Vernissage am Sonntag tauschten sich Besucher über die Bilder aus, auch mit der Künstlerin. Für das Motiv Herbst hat Pieroth Blätter der Pfeifenwinde, die am Atelier von Kollar wächst, mitgebracht. Sie hat mit Farbe die Blattstruktur auf chinesisches Wenzhou-Papier – aus Maulbeerfasern hergestellt – gedruckt und ins Motiv geklebt. „Hier sieht man noch die Fasern“, sagt sie.
Die Arbeiten von Pieroth setzen einen bunten Akzent im Heimatmuseum und schlagen eine Brücke zum Thema „Heimat“. Hubert Hensel, Vorsitzender des Heimatvereins, war bei einem Stadtfest in Kirchen auf Pieroths Kunst aufmerksam geworden. Die Werke wollte er gerne ins Museum holen, weil „es passt“. Die Motive, die ihn damals angesprochen hatten, sind nicht ausgestellt. Die Trilogie mit Druidenstein, Ottoturm und Freusburg war eine Auftragsarbeit, die ihren Platz gefunden hat. In einem Katalog zur Ausstellung sind diese Werke abgebildet.
Als „waschechte Kirchenerin“ freue sie sich, hier ausstellen zu dürfen. Das Ambiente des Museums gebe viel. Sollte dort eines der Bilder einen neuen Besitzer finden, so Pieroth, „dann spende ich zehn Prozent dem Heimatmuseum“. Die Sonderausstellung ist bis Weihnachten sonntags sowie am zweiten und dritten Sonntag im Januar jeweils von 14 Uhr bis 17 Uhr geöffnet.
Es hat mich fasziniert, wie der Farbpinsel über die Leinwand geglitten ist.
Sigrid Pieroth
SZ 24. November 2022
Ab Sonntag, 20, November 2022
Heimatmuseum Kirchen, Wiesenstraße 7,
Öffnungszeiten: jeweils die ersten drei Sonntage im Monat, 14 bis 17 Uhr,
für Gruppen auf Anfrage
unter Tel. (0 27 41) 6 35 43.